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Sonderausstellung:
Kinogeschichte
– „Die große Illusion“

17.01.2022 – 31.08.2022

Staunen, Lachen, Weinen: Im großen, dunklen Kino-Saal lassen die Zuschauer, eingefangen vom riesigen Leinwandbild und eindrucksvollem Ton, ihren Gefühlen freien Lauf. Für viele Fans werden dort Träume wahr. Seit mehr als 125Jahren erleben Generationen von Kinobesuchern in Bielefeld unvergessliche Stunden im Parkett. Sie stehen geduldig Schlange, um ihre Stars und Sternchen lieben, leiden, kämpfen und siegen zu sehen. Am Spätabend der industriellen Revolution startet eine neue, ganz andere Revolution. Zunächst auch rein technisch motiviert und von den Machern sicher anders gedacht. Aber sie trugen etwas in die Welt, dass in wenigen Jahren zu einem Riesenspektakel werden sollte. Ihre technische Erfindung schloss künstlerisch eine Lücke für die Massen, die durch die industrielle Revolution zu Arbeitsmaschinen ohne emotionalen und kulturellen Ausgleichverurteilt waren, seelenlos dahinzuvegetieren. Doch diese von mehreren Leuten parallelentwickelte technische Kunstform stellte alles bis dahin Entwickelte in den Schatten. Denn der Film ermöglicht den jederzeit reproduzierbaren Traum von einer erstrebten aber bisher nicht erreichten Lebenswelt. Das Kino! Anfangs ein den Jahrmärkten vorbehaltenes Vergnügen, entwickelten sich die laufenden Bilder schnell zu einer Kunstform, die die entrechteten Massen wenigstens künstlerisch, emotional und kulturell befreite. Es stand keine politische Revolution bevor, im Gegenteil: das Kino bot Eskapismus. Und dennoch, durch den Film erhielten die durch die industrielle Revolution ausgebeuteten und Menschen ein Medium, durch das sie ihre Unterdrückung verlassen konnten. Träume und Sehnsüchte konnten ausgelebt werden, politische Rechte und wirkliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wurden im Kino für einige Stunden Realität. Im Kino war die Liebe echt, und die Revolution wurde Wirklichkeit. Filme wie „Mutter Krausens Fahrt ins Glück“ oder „Kuhle Wampe“ sind Beispiele für den Transport der sozialen Frage in die Lichtspielhäuser. Auch für Frauen bedeutete das Kino am Beginn des 20. Jahrhunderts eine neue Freiheit–nicht nur, weil das Kino einen für sie ohne Begleitung aufzusuchenden öffentlichen Ort bedeutete, sondern auch durch die dort mögliche intime Körpernähe jenseits der von Männern dominierten Ehe-und Familien-Ordnungen